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Montag, 29. August 2011

Gemini Rue




Bemerkenswertes Ergebnis

Wohl wahr! "Gemini Rue" ist nach einem halben Jahr Verspätung nun endlich in der deutschen Version für alle Freunde des Point & Click-Adventures erschienen. Besonders zu erwähnen ist die Tatsache, dass es eine Studentenarbeit ist, die so manches Adventurespiel großer Firmen übertrifft. Zumindest als Gesamterfassung. Der zweite Punkt, der das Spiel so sehr ausmacht, ist der, dass es in einer 8-Bit-Pixelgrafik ist wie man sie von Vätern des Genres wie z.B. "Zak McKracken", "Monkey Island 1 & 2" oder der guten alten Indiana Jones-Reihe von Lucas Arts kennt. Damals noch zu Amiga-Zeiten mit Diskettenjonglierereien. Auch ein Menü mit mehreren auswählbaren Interaktionsbefehlen (4 an der Zahl) gibt es - was heute meist eine Seltenheit ist, obwohl der Schwierigkeitsgrad dabei Gott sei Dank meist immer noch beibehalten wurde.



Film Noir & Blade Runner-Mixing, garniert mit einer Prise "Die Insel" (Michael Bay - 2005)

In "Gemini Rue" dreht sich alles um "Gedächtnislöschung" bzw. "Identitätskrise". Ihr spielt zu Beginn den grimmig wirkenden Azrial in einer verregneten und ziemlich runtergekommenen & gefährlichen Metropole. Die Rätsel sind zu Beginn natürlich noch recht harmlos - sodass man sich in die Steuerung hereinfinden kann. Das klassische weiße Fadenkreuz dient dazu als Mauscursor - und schafft wie auch die total liebenswürdige Grafik eine Verbeugung an die "guten alten Zeiten". Per Linksklick dirigiert ihr die Figur, per Rechtsklick lässt sich (leider nur, wenn man gerade auf ein Interaktionsobjekt zeigt) das Menü aufrufen, das nicht nur auf Interaktionsmöglichkeiten zugreifen lässt, sondern auch gleich auf's Inventar (eine Übersichtsleiste wie man's sonst so kennt, gibt es nicht). Dort könnt ihr mit den Objekten entweder per "Hand"-Symbol was aufnehmen oder es benutzen, das "Auge" dient zum näheren Betrachten oder "Retina-Scanner" benutzen, der "Fuß" zur groben Gewaltanwendung & die "Sprechblase" zum Starten einer Unterhaltung. Gut: gequatschte Passagen werden farblich untermalt. Reden werdet ihr aber nicht so oft müssen - die wichtigsten Dialoge laufen sowieso automatisch ab. Das Spiel beschäftigt sich leider viel zu oft mit dem Suchen nach dem richtigen Hinweis / Ausprobieren oder lässt euch viel Zeit in langen Watscheleien vertrödeln. Denn ihr könnt in viele Bereiche hin - obwohl sie schwachsinnigerweise nichts bringen. Oder noch nicht.
Oftmals ist es nämlich so, dass ihr stets an denselben Schauplätzen vorbeikommt - immer und immer wieder. Wenn dann noch ein Fahrstuhl ständig Geduld und Interaktionen verlangt, nur weil man VIELLEICHT in einem Stockwerk was versuchen will, nervt das zunehmend.
Was aber trotzdem bei der Stange hält, ist die wirklich sehr gute Story, die durch die soliden Charaktere vorangetrieben wird und stets für Spannungsaufrechterhaltung sorgt.
Dazu kommt, dass man ständig denkt man kann Entscheidungen treffen - die Umgebung kommentiert sogar teilweise dein Verhalten bzw. merkt es der Protagonist und sagt z.B. "Ich kann nicht wahllos gegen Türen treten!" anstatt ein belangloses "Geht nicht!".



Spielereien

Ungewöhnlich ist dazu noch die Tatsache, dass es sowohl Geschicklichkeitstests als auch Schusseinlagen gibt, die mit der Tastatur gesteuert werden. Denn ja: in "Gemini Rue" kann man leider auch sterben. Eine Autosave-Funktion bewahrt den Spieler aber vor größerer Frustation und speichert stets vor hakeligen Stellen, was natürlich dem Spiel ein zartes bisschen den Überraschungsfaktor nimmt. Das Pistolenmagazin kann dabei leer geschossen werden - also endgültig leer, was euren Tod bedeutet. Auch, wenn man sich zur falschen Ecke vorbeugt (man kann häufig in 2 Richtungen aus der Deckung gehen, was Vorteile bringt, wenn der Feind zur anderen Ecke schießt). Ihr könnt dazu noch genau zielen (Taste gedrückt halten), Ziele wechseln und selbst wieder Deckung nehmen. Der Gegner tut dies auch und so kommt abwechslungsreiche Taktik mit ins Spiel. Klassische Kopfnüsse gibt es eher im Kombinationsbereich - Gegenstand A an Ort B verwenden. Richtige Kopfnüsse wie Schalter- oder andere Rätsel gibt es seltener.
Das Spiel ist auch recht schnell wieder vorbei - liefert genau ein Ende (keine Alternativen), aber wusste sehr gut zu unterhalten. Besonders, dass man 2 (zum Ende sogar einen dritten) Charaktere spielt (einmal sogar beliebig wechselbar), weiß zu unterhalten. Meist sind die Aufgaben bzw. die Lösungen recht offensichtlich - wobei die größere Schwierigkeit besteht Geduld zu haben, wenn man irgendwo hin will (eine Übersichtskarte, quasi eine Quickmap gibt es zum Schnellreisen nicht). Und Geduld den Bildschirm nach HotSpots abzugrasen - eine Anzeige aller HS's gibt es nämlich leider nicht.
Der Vergleich mit "Blade Runner" liegt übrigens im Film Noir-Zukunftsszenario. "Beneath a Steel Sky" ist ein weiterer sehr ähnlicher Vertreter dieser Zunft.



Sonstiges:
  • neben Ballerparts gibt es auch Kistenschiebereien, die mit der Tastatur gesteuert werden


Fazit:
Vor "Gemini Rue" darf man ruhig schon mal den Hut ziehen: ein überaus gutes Studentenprojekt, dazu noch gut ins Deutsche übersetzt und hübsch vertont, macht es Spaß die sauspannende Story bis zum gelungenen Finale zuende zu Spielen. Dem dazu siedelt sich die 8-Bit-Grafik an, welche im Jahre 2011 die alten Gamer-Haudegen wieder vor die Jahrtausendwende zurückversetzt. Dazu kommen noch nette Minigames, die auch ungewöhnlich für das Genre sind.
Leider ist das Spiel recht kurz ausgefallen - und die ewig gleichen Schauplätze und langen Laufwege nerven mitunter. Dass man erst sehr später mitgeteilt bekommt, dass man Laufwege auch mit "ESC" abkürzen kann, fand ich blöd.
Für 20 € noch ein wenig teuer - für die Hälfte sollten Adventurefreunde aber auf JEDEN Fall zugreifen. Denn die Story hat mich überzeugt. Allerdings sollte man hier eine ernsthaft-spannende Geschichte erwarten und keinen humorigen Ableger.

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