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Montag, 17. Oktober 2011

Dead Rising 2: Off the Record




Im Westen nichts Neues

Jetzt hat Capcom wieder zugeschlagen: ein Jahr nach europäischem Release vom "Vorgänger" "Dead Rising 2" kommt nun "Off the Record" raus. Das klingt doch verdächtig nach einem Addon - ist es auch irgendwie, aber bei genauerem Hinsehen dann doch wie eine Art Patch auf Nachfrage der Fans. Denn die bedeutend große Neuerung ist der Hauptcharakter. Habt ihr im ersten Teil den coolen und witzigen "Frank West" gespielt, war in Teil 2 ja "Chuck Greene" mit seiner Zombrex-abhängigen Tochter unterwegs. In Dead Rising 2.5 spielt ihr also nun wieder "Frank West", der wesentlich charakteristischer & cooler rüberkommt, aber jetzt nicht gerade die Sympathiegranate ist - wie ich finde.
Im Groben sei schonmal vorweggenommen: für Kenner des ersten Spiels mit Frank im Herzen ist das eigentlich die Fortsetzung, auf die sie gewartet haben. Alle anderen, die mit Chuck schon umhergezogen sind, verzichten besser auf den Part mit Frank.
Denn geändert hat sich fast garnichts - weswegen der halbe Preis im Gegensatz zu sonstigen Releasekandidaten trotzdem garnicht gerechtfertigt sind.



Déjà Vu

Die Marke "Dead Rising" ist als 3rd-Action-RPG-Game vor allem für 3 Dinge bekannt: OpenWorld, Zeitdruck und vor allem: Zombies "ärgern". Denn erstens sind die Hirntoten ganz oldschooltypisch langsam - und laufen nicht etwa wie in anderen Vertretern wild auf dich zu (was natürlich den Survivalfaktor erhöht und wesentlich gruseliger ist) - passt aber hier.
Dafür bestechen sie dann mit ihrer schieren Masse. Überall laufen sie rum und alle weg bekommt ihr nie - sie sind ja quasi wandelnde EXP-Spender und ihr ein EXP-Suchti.
Doch das Spiel geht noch weiter: simples Töten der Zombies mit Baseballschläger oder einfacher Feuerwehraxt füllt höchstens einen Zombiekillcounter, der etappenweise mal PP (das Equivalent zu "EXP") ausspuckt. Wirklich viel Erfahrung bringt erst das spielerische McGyver-Konzept: KOMBINIERE UND BASTLE DIR DEINE MORDINSTRUMENTE SELBST!
Das klingt ganz interessant, aber ist relativ simpel umgesetzt: auf in der Welt in übersichtlich auffindbaren Bastelräumen befindet sich eine Werkbank, auf die ihr einen Gegenstand legt. Anschließend schnappt ihr euch einen anderen und versucht ihn mit dem ersten zu kombinieren. Geht das nicht, probiert ihr weiter. Recht umständlich und vor allen Dingen nicht nachvollziehbar, dass der gute Frank dazu tatsächlich diese stumpfsinnige Werkbank braucht. Auch, dass entdeckte Kombinationsmöglichkeiten nicht ingame direkt im HUD angezeigt werden, sondern erst über einen Spaziergang durchs Menü aufrufbar sind, nervt.
Naja - Fakt ist jedenfalls, dass ihr viele verrückte Sachen bauen könnt: von Eimer + Bohrmaschine = Brainmixer über Pylon + Spraydose = Kopfzerplatzer bis hin zu Rasenmäher + Verkleidungshelm = Propellerhead ergeben sich hier einige nette Experimentresultate. Aber auch mit einfachen Gegenständen wie CDs oder Schmuck lassen sich Zombies bewerfen. Oder ihr setzt ihnen einfach einen Dinokopf auf und erfreut euch an dessen verwirrten Reaktionen. Alternativ bemalt ihr sie mit Sprayfarbe oder fahrt mit Kettensägen-modifizierten Bikes durch die Menge - in Dead Rising geht es um den Spaßfaktor Zombies möglichst kreativ umzubringen.
Diese Zelebrierung sieht Deutschland nicht gern, weshalb das Spiel auch nur über das Ausland zu beziehen ist. Eine IP-Sperre soll es dann für unser Land geben, funktionierte aber laut Presse nicht.

Doch so erst einmal die Spielbeschreibung. Im Detail läuft in OTR vieles gleich ab: Frank läuft genauso träge wie Chuck, es beginnt mit einer Sport-Zombie-Veranstaltung, jemand bringt die Zombies durch die Sprengung einer Hintertür rein, man hat 3 Tage Zeit bis die Armee eintrifft (und muss auf Zeitdruck Aufgaben lösen, Personen retten oder Zombrex sammeln), Frank ist Zombrex-infiziert (ihr müsst das Mittel also nur euch spritzen - egal wo ihr seid und nicht zu irgendeiner "Tochter" im Unterschlupf laufen), Zwischensequenzen ähneln sich, der Anfangsunterschlupf mit den Hauptcharakteren ist derselbe, es gibt nur diesen einen Unterschlupf (ihr müsst also immer wieder dort hin, auch wenn ihr Personen rettet (und könnt denen nicht einfach sagen wo sie hinmüssen = extrem nervig)), sogar die ersten Missionen sind dieselben (Apotheke wird überfallen, Rebecca treffen & ihr hinterherrennen) und ja... auch die Tötungswerkzeuge gehen schnell kaputt, euer Inventar ist zudem äußerst beschränkt (wächst aber mit der Weile).
Neue Waffen sind mir auch nicht aufgefallen - obwohl sie mit Sicherheit zur Verfügung stehen. Jedenfalls funktioniert das Waffenbasteln genauso, ihr erhaltet ebenso gewohnt EXP, steigt Stufen auf, erhaltet automatisch neue vordefinierte Skills (Moves oder Grundattributsteigerungen), Leveldesign ist das alte (Casinostrip), Zombies sollen mehr sein als vorher, fällt aber nicht auf und das Wichtigste: ihr könnt das Spiel von vorn beginnen, wann und wenn ihr wollt: EXP-Stufe bleibt gleich, Items sind aber weg.



Zombieeinschläferungsspritze

Der gewohnte Fan trifft also in einer typischen Mission auf dieselben Abläufe: man erhält einen Hauptauftrag und mehrere Rettungsmissionen. Wirklich interessant ist nur das was in den Zwischensequenzen abläuft, die Missionen selbst sind es nicht. Entweder gilt es fiese menschliche Gegner oder Zombies umzubringen. Oder ihr müsst von A nach B. Oder ganz raffiniert: einen Zwischenboss umlegen - manche Nebenmissionen haben dies als einzigen Inhalt. Diese Bosse werden dann "Pychos" genannt, also quasi Überlebende, die irgendwie derbe einen an der Waffel haben - vermutlich auch wegen dem zerstörten Traum von Freiheit und Frieden, Verlust von Freunden usw. durch die Zombieflut. Leider halten die Endgegner enorm viel aus und erfordern manchmal einen Erfahrungslevel, den man vorher nicht einschätzen kann - und stirbt vielleicht. Entweder man hat seit der letzten Toilette (nur dort könnt ihr speichern - warum auch immer, "Wow - wie lustig...") gespeichert oder fängt mit der aktuellen Stufe von vorn an. Hat man diese seltsamen Freaks umgenietet, bringt das auch - genauso wie Leute retten - einen enormen EXP-Schub. Deshalb ist es empfehlenswert auch immer und immer wieder den Anfang des Spiels zu spielen, da dort kurze Laufwege zu Missionserfolg und Personen retten sind.
Doof übrigens, wenn ihr Personen rettet: sie laufen meist blind durch die Zombiemengen, werden aufgehalten und Friendly Fire ist ebenso aktiviert: wenn ihr also zuschlagt und euren Kumpel retten wollt, trefft ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit auch euren Compagnon. Heilen könnt ihr ihn nicht - und obwohl die Neuerung "Stop-Befehl" eingebaut ist, habe ich sie nicht entdeckt. Mit "Q" konnte ich lediglich die Person zu mir rufen - und das tut sie ja eh schon die ganze Zeit. Jedenfalls müsst ihr immer wieder zum Startpunkt (Eingang zur Untergrundbasis) zurück, um einen Überlebenden abzuliefern.
Das ist umso nerviger, da der lahmarschige und von hinten mit breitem Arsch hässlich designte Mr. West nicht nur überlange Laufwege hat (von einem Ende zum anderen bei so vielen Zombies ätzt das einfach nur an), sondern auch erst nach Lust und Laune des Belohnungssystems ab einer bestimmten EXP-Stufe ein Skillpoint mehr auf "Schnelligkeit" bekommt und noch nichtmal sprinten kann, frage ich mich stets: "What were they thinking???".
Jedenfalls schränkt sich die Abwechslung arg ein - es gibt missionstechnisch auch keinerlei Rätsel oder "Dungeons", die einmalig sind. Wie gesagt hängt alles zusammen, alles kann nochmal betreten werden und ALLES sieht irgendwie gleich aus. Entweder Grau in Grau irgendwelche Wartungstunnel oder Untergrundbereiche... oder bunte Casinostrips + Geschäfte.
In einer hässlich eintönigen von Zombies nur so vollgestopften durch hässliche Grafiken dargestellte, recht statische Japano-Vorstellung-einer-Zombieepidemie -Welt durchzutrotten, nervt einfach nur.
Schon im ersten Spiel kotzt mich das so sehr an, dass ich mich schlichtweg per Cheat unsterblich machte und die Zeit einfrierte. So konnte ich ALLES erleben, ohne alles immer und immer wieder spielen zu müssen.
Der Zeitdruck erlaubt es euch nämlich nicht alle Nebenmissionen zu schaffen, da dann schon wieder irgendein Termin drängt. Am besten man setzt Prioritäten ("Diesen Spieldurchgang nur Case-Files.", "Diesen Spieldurchgang nur Entdeckungstour.", etc pp).



Sonstiges:

  • die Cutscenes sind (vermute ich) gegenüber dem ersten Teil nun komplett in Spielgrafik, anstatt in vorgerenderter Spielgrafik - was einfach hübscher aussieht
  • die Kampfsteuerung ist noch immer so undynamisch und steif, dass es meist kein Spaß macht auf die Zombies loszugehen - da war ich in Dead Island wesentlich effektiver und auch gut gelaunter was das Metzeln angeht
  • COOP verfügbar (anderer Spieler zockt dann "Chuck Greene", Held vom eigentlichen "Dead Rising 2")
  • Geld gibt es auch - um sich bei einigen Überlebenden Waffen oder sogar Zombrex zu kaufen
  • Frank kann auch Fotos schießen und somit sich Erfahrungspunkte dazu verdienen
  • Gruselfaktor = 0
  • der Einstieg wirft einem gleich 1000 Zombies entgegen - sowie sie auch im ganzen Spiel stets herumrennen - es gibt keine Chance auf einzelne Szenen mit Wiedererkennungswert
  • zu Beginn des Spiels verwirrt es unnötig, dass manche Menschen sterben - und der Schriftzug "Person Uninteressant ist jetzt gestorben" - interessiert mich das, wenn ich's nicht verhindern kann bzw. diese Person garnicht kenne? Na also...
  • Beziehungen zu irgendwelchen Charakteren baut man kaum auf - alles war da, aber dann auch wieder voll egal... Chuck z.B. hatte als einziger irgendwie Identifizierungsmöglichkeiten, Frank ist... einfach nur irgendein cooler Typ, der an Zombies gewöhnt ist
  • im Unterschlupf kann man keine Waffen ausprobieren
  • Leute geben euch nicht im Gespräch Nebenmissionen, sondern man wird angerufen und bekommt gesagt: "Geh mal da und da hin und guck mal nach!"
  • Ingame-Unterhaltungen laufen in kurzen Textfenstern ab (sehr billig)
  • das Inventar wird durch Slots dargestellt: eine Waffe oder ein Werkzeug = 1 Slot belegt (am Anfang habt ihr 5 = viiiiiiiiiiiiiiel zu wenig, um irgendwas auszuprobieren, vor allem weil Waffen mehrmals mitgeschleppt werden müssen, Magazine gibt es nicht - und Nahkampfinstrumente schnell kaputt gehen (auch selbst zusammengebaute) - die Life-Dauer ist dabei immer gleich kurz)


Fazit:
Dead Rising 2 OTR ist auf der einen Seite eine Mogelpackung und auf der anderen vielleicht genau das was Fans endlich wollten: Frank West. Aber ob das Character-Model jetzt diese in einen Anzug gepresste Fettwurst ist oder der grimmige Chuck macht keinen Unterschied: das Spiel ist immer noch lahmarschig, undynamisch im Waffenbasteln, Kampf & Bewegung, das Leveldesign (gewohnter Casinostrip) ist eintönig und es gibt viel zu lange Laufwege.
Die Story, das Leveln und der Reichtum an verrückten Tötungswaffen ist das einzige was hier den Funfaktor hochschraubt - aber auch recht schnell wieder langweilt. Zu schnell hat man das Grundmuster raus - das Schema entdeckt, weiß was jetzt gleich kommt und hat bei den immer gleichen Zombiearten und dem ziemlich billig wirkenden Spiel (man achte auf die Japano-typisch-billigen Sounds) die Schnauze gestrichen voll. Zumindest bin ich dieser Meinung.
"Off the Record" ist das bisher schlechteste und frechste "Addon", was ich je erlebt habe: einfach den Hauptcharakter tauschen, hier und da ein paar klitzekleine Änderungen und fertig! Das rechtfertigt aber noch nichtmal den gegenüber üblichen Releasekandidaten halbierten Preis.
Es ist einfach NICHTS neu - und gehört vom Markt verschwunden, wenn man nichtmal die Basics verbessern kann, sodass das Spiel Spaß bringt.
Da ist Dead Island eindeutig 1000x besser - und Chuck oder Frank können mich mal mit ihren McGyver-Waffen.

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