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Sonntag, 15. September 2013

Deadly Premonition - Direc. Cut (PS3)



Schönheit mal ganz anders und vor allem eigenartig

"Deadly Premonition" ist etwas ganz ganz eigenartiges, fast schon undefinierbares. Ein Spiel, das von Japanern (Access Games) entwickelt wurde, trägt erfahrungsgemäß einen schrägen Stempel auf der Stirn, der zwar rudimentär, aber doch irgendwie charmant wirkt.
Ein Spiel, an dem sich die Geister im wahrsten Sinne des Wortes scheiden - die einen lieben es, die anderen werden es hassen. Und wie man doch Zugang zu diesem Titel (rein gefühlsmäßig) erhält und welche Gratwanderung ich von "Man ist das scheiße" und "Hey, das macht ja richtig Spaß" unternahm, lest ihr jetzt!
Ursprünglich erschien das Spiel im Jahre 2010 für die Xbox 360, 3 Jahre später im April diesen Jahres für die PS3 im Director's Cut mit verbesserter Grafik (hohoho - ein schlechter Scherz! ^__^), doch mit verbesserter Kameramechanik und weiß der Teufel was. Dass es mittlerweile aber auf Steam ge-greenlightet wurde, sagt aber schon einiges, oder? (Info hier)
Jawohl - das Spiel hat seine treue Fangemeinde und auch neugierige PC-Nasen können schon bald einen Blick riskieren - doch seid gewarnt! Ihr solltet möglichst viele Erwartungen zurückschrauben und ein wenig Puffer zu enttäuschenden Grundstrukturen wie "Grafik", "Erzähltempo" oder "Gruselelemente" aufgebaut haben, sodass ihr nicht aus allen Wolken fallt und dem Spiel trotzdem noch eine Chance geben könnt.

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Im Spiel seid ihr FBI-Agent "Francis York Morgan", der den Mord an eine junge Frau in einer abgelegenen Wald-Hügelgegend "Greenvale" aufklären will. Auf dem Originalcover der X360 sieht man beispielsweise den Regenmantelmörderer, der hier eine zentrale Rolle spielt und die Story mit seinem Serienmördertouch verfeinert. Das Ganze ist im eigentlichen Sinne als Horror-Game angedacht, kann aber durch seine generisch gleichen, langsamen, berechenbaren und vor allem dem viel zu leicht zugänglichen Unendlichkeits-Mun-Modus, den einfachen Animationen und vor allem wegen der unhübschen Grafik nicht mit seinen "gruseligen" Elementen überzeugen und wirkt eher wie ein Silent Hill mit Open-World und dicken Storyelementen.
Aber alles der Reihe nach.

Nix los in Buxdehude... außer Kantenflimmern aus der Hölle. // via
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Wie schon angesprochen ist die Grafik das erste, was ihr seht - und mitunter auch das Grauenhafteste im und am ganzen Spiel. Man fühlt sich quasi wie ins Jahr 2002 zurückversetzt, entdeckt kaum Bump Mapping, sieht ganz einfache Lichteffekte, hat mies zusammengeklatschte Texturen, nahezu überhaupt keine Vegetation in und um Greenvale, lächerlich steife Animationen und Explosions- sowie Schusseffekte, die direkt aus der Hölle kommen. Der Eindruck macht sich schnell breit, dass man hier entweder keine Ahnung von Graphics-Engine-Programmierung oder keine Lust zum Arbeiten hatte - jedenfalls ist das nicht nur eine große Schwäche des Spiels, es trägt hin und wieder auch dazu bei, dass man eine große Karte zum Entdecken hat, wo man eigentlich nichts außer viel Leere entdecken kann. Hat man sich aber damit abgefunden, muss man noch die überraschenderweise richtig schlechte Framerate von teilweise 15 bis 20 FPS gewöhnen, die gerade für solche Ausmaße in einem unglaubwürdigen Verhältnis steht und ein GTA IV nicht nur um Längen besser auf der Konsole aussieht, sondern auch wesentlich mehr butterweiche Bildabläufe präsentiert. Unfassbar!

Das ist Harry. Er ist etwas strange, trägt eine Slipknot-artige Maske und lässt seinen Diener für ihn selbst in Reimen sprechen. // via
Wenn man nun immer noch das Spiel akzeptiert und sich reinfummelt, wird man recht schnell erkennen, dass die Figuren, allen voran der sympathische und leicht abgefahrene, aber stets angenehm ruhige, bestimmte, tolle Hauptcharakter, viel zur Atmosphäre und der tollen Story beitragen, die nicht nur in der Gesamtspielzeit von durchschnittlich 16 Stunden, nachhaltig aber 25 Stunden (um alles zu komplettieren) recht lang ist.
Hier lernen wir - typisch asiatisch - viele abgefahrene, selten realistische, aber dafür umso interessantere Charaktere kennen, die zwar gesichtstechnisch nicht besonders hübsch sind (ich glaub' es gibt niemanden, der auch nur annähernd richtig sexy aussieht), aber schnell in unser Herz gelangen. Vor allem York ist ein wenig seltsam und hat die Angewohnheit nicht nur ständig zu rauchen (auch wenn er nur 1x dran zieht und die Zigarette wieder ausmacht), sondern sich auch stets mit seinem imaginären Partner "Zach" zu unterhalten, der ihn angeblich auf Schritt und Tritt zur Seite steht und alles mit ihm berät. Ein wenig merkwürdig und schrullig ist das schon, da York sich nicht scheut Selbstgespräche vor aller Öffentlichkeit zu führen, aber trotzdem stets bestimmt ist und ruhig agiert bzw. mit seiner Leidenschaft für gute Filme zu beeindrucken weiß.
Gerade diese einzigartige Mischung aus Ecken und Kanten macht ihn so liebenswürdig.


Es gibt EINIGE Sackgassen und einige sind nicht nur richtig scheiße, sondern nehmen auch verdammt viel Reisezeit in Anspruch. *nerv*

Ihr steuert ihn in 3rd-Person durch die Gegend, fahrt mit dem Auto zum nächsten Einsatzort, klärt Spukorte auf, löst Nebenaufgaben oder reist einfach so ein wenig durch die Stadt bzw. Umgebung zu Hotels, Museum, See oder Berghütte. Die Geschäfte und Personen folgen einem bestimmten Tagesrhythmus, sind mal hier auf Arbeit, mal da zu Hause. Geschäfte haben geschlossen oder sind geöffnet - je nachdem habt ihr auch Zugriff auf Nebenmissionen oder nicht. Diese verbessern die Gesamtzahl der tragbaren Items oder Waffen. So könnt ihr beispielsweise ein verlorenes Bild für eine alte Dame wieder beschaffen, Aushilfsarbeit im Supermarkt verrichten oder alternative Spukorte lösen und dort Waffen mit unendlich Munition verdienen oder euer Auto verbessern lassen.
Autos kann York entweder kaufen (er erhält Bares durch Rasieren(!), Kleidung wechseln(!!), via Tagessatz als Agent, durch Umnieten von Gegnern oder Aufsammeln von Abzeichen) oder die im Kaff verteilten Polizeiwagen nutzen, die alle mit einem Masterschlüssel aufgeschlossen werden können. Es gibt einige Dinge, die sollte man nicht hinterfragen.

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Diese sind anfangs unerträglich langsam und lassen sich schrecklich lenken. Kraftstoff muss nachgetankt und Schäden durch Autowäsche (!) repariert werden. Ein richtiges Schadensmodell, geschweige denn Physikverhalten gibt's nicht. Mit Vollgas gegen ein Pferd fahren, resultiert in einen Komplettschaden des Autos mit unversehrtem Pferdchen - das Ding verhält sich einfach wie eine Betonmauer und euer Auto wie eine entgleiste Badewanne, die den Hügel runterschliddert.
Auch ist die Welt ein wenig "zu groß" bzw. dauern bestimmte Sackgassenwege von A nach B unendlich lang oder Abkürzungen dahin verschrotten durch krass enge Wege schnell den eigenen Wagen.
Ist er einmal kaputt oder benzintechnisch leer gefahren, kann man aussteigen, wegrennen oder sich mit der Leuchtpistole einen neuen bringen lassen.

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Neben den langen, gern in langatmigen Sequenzen ausufernden Cutscenes, gibt's häufig "Spukorte", wo sich ein normaler Ort (z.B. Musum) ein eine Geister-Zwischenwelt verwandelt - ähnlich wie in Silent Hill. Die Aufteilung des Interieurs ist ganz anders und pottenhässliche rote Barrieren verhindern das Weiterkommen - doch ihr ermittelt dort immer und stellt via Profiling ein Profil des Täters. Bezichtigen oder viel Leute verhören muss man nicht - das Spiel folgt einer geordneten Bahn bis zum Endgegner.

Zombieoma und Zombieopa - mehr gibt's an Gegnervielfalt nicht. // via
Wirkt beim 1000x Zwangangucken einfach nur noch peinlich: Die Gegner-Minicutscenes. // via

Wie vorhin schon angesprochen, sind die Gegner krass generisch und werden von "nicht gruselig" schnell zu "langweilig". Bis auf die standardmäßigen Lahmarsch-Zombies, die sich nur wenig ruckartig zu einen bewegen, die meiste Zeit aber wie erwartet langsam zu euch schleichen, gibt's so gut wie keine anderen Gegnerarten. Sie stellen den Großteil der "Gefahr" dar, die man meist mit wenig Munition aus der Welt schaffen kann. Ihr findet nicht nur häufig Nachschub, sondern habt auch die Grundpistole mit unendlich Munition dabei, was ein direkter Killer von "Survival-Horror" ist, und könnt gleich-vorteilshafte Waffen auch durch Absolvieren von leichten Sidequests herbeiwirtschaften. Auch wirken die "Dungeons" meist recht langweilig und uninspiriert, dafür geht's immer wieder durch gleich aussehende Kellergewölbe durch Türen, Türen und nochmals Türen. Hin und wieder steht ihr dem Raincoatmurderer entgegegen, vor dem ihr fliehen, rechtzeitig eine Quickaction ausführen oder euch albern im Schrank verstecken müsst. All diese Elemente wiederholen sich und werden arg schnell langweilig - der Gegner nicht furchteinflößend, sondern albern.

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Eher nervtötend langatmig, als wirklich gruselig. // via

Trotzdem macht's einen gewissen Reiz aus die Viecher umzupusten, neues Equipment einzusammeln und die vor der Mission noch herrschender Langeweile ungebändigt auf die Zombiemassen loszulassen.

Und ja - da sind wir auch schon beim ersten Punkt, der Deadly Premonition so klasse macht: Die Abwechslung zwischen Ermittlung, Cutscenes, Spukorten, von A nach B Fahrten, Nebenmissionen und all dem widersprüchlichen Charme, den so ein Spiel, das auf Teufel komm raus nicht modern sein soll, auf den Spieler hat. Da sind einfach die vielen optischen, designtechnischen Fehler und Holpersteine, die der Spieler nur mit Tomaten auf den Augen übersehen und einfach nicht huldigen kann. Da ist die teilweise echt bockige Gamemechanik oder die sauschlechte Bildwiederholrate, doch irgendwas sagte mir immer: Spiel' weiter!

Ob's nun an der Musik liegt... (hört doch mal selbst:)

Theme:



Oder doch lieber etwas Fröhliches?:

...an den Nebenmissionen... den netten Ideen mit "Kleider waschen, bevor man stinkt", den netten Ideen mit dem Hunger / Essensbedarf nach einer Weile und der Müdigkeit (Schlaf von Nöten, wer dauerhaft hungert, verliert kontinuierlich Lebensenergie) oder den Zeitplan, den man einhalten sollte und Zeit nur totschlagen kann, wenn man die fast in Echtzeit dargestellte Uhrzeit "verschläft" (in 3 Stundessätzen), verraucht (minutenweise) oder einfach wartet.
In meinem Fall lasst euch gesagt sein: IMMER schön viel Zigaretten hamstern - sonst macht ihr mir nachher noch nach:


Meinen linken Analogstick fixierte ich, sodass mein Charakter andauernd nach vorne wanderte. Position war natürlich eine gemeine Ecke, sodass er mir nie entbüchsen konnte. Ich hätte sicherlich auch die Funktion "Controller nach 10 Minuten ausschalten" deaktivieren und ingame mit einer Zigarette die Zeit beschleunigen können, aber das wollt' ich alles nicht.
In der Zeit konnte ich jedenfalls gemütlich duschen, noch ein wenig im Internet surfen und so ca. 30 Minuten ingame verstreichen lassen bis ich dann letztendlich die Hauptmission termingerecht beginnen durfte.



Fazit:
Alles in allem kann ich nur sagen, dass dieser Titel zurecht ein stark zweischneidiges Schwert ist, aber auch zurecht wegen seiner tollen Story, die manchmal recht kitschig, spackig und übertrieben sein kann, dafür aber mit einem total sympathischen Hauptcharakter besticht. Dazu kommt noch viel zu tun in einer Welt, die unglaublich hässlich und viel zu groß ist, kaum Horror, berechenbare Monster, aber viel Itemmanagement und Anforderungen (Schlaf, Hunger, Benzin, Autoschäden) aufweist, die sonst nicht üblich sind in dem Genre. Und allein die Musik lockt mich schon wieder direkt ins Game zurück. Soll ich tatsächlich noch versuchen alle Trophies zu kriegen? *g*
Also: Erhöret meine weisen Warnungen und entscheidet selbst, ob's in euren Besitz wandert oder nicht!

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